Dienstag, 12. Februar 2013

Michael Zandt - Das schwarze Kollektiv



Wie es so ist im Leben. Manchmal muss man zu seinem Glück gezwungen werden. Ich hätte dieses Buch wohl niemals gelesen, wenn ich nicht zugesagt hätte, es für fictionfantasy.de zu besprechen. Ich bin nämlich kein ausgesprochener Freund von Fantasy. Manche Freunde haben immer wieder versucht, mich dazu zu bewegen den Herr der Ringe zu lesen. Ich muss zugeben, ich habe es noch nicht einmal geschafft den Hobbit, sei er nun klein oder nicht, zu Ende zu lesen. Und auch die Filme, die Peter Jackson vor seiner HdR-Trilogie gedreht hat, haben mir besser gefallen. Kurzum: Normalerweise mache ich von vornherein einen Bogen um Fantasyliteratur im Allgemeinen.

Im Speziellen hat mich bei Das schwarze Kollektiv der Klappentext überhaupt nicht angesprochen: Das geheimnisvolle Volk der Hameshi, riesige Wälder, feindliche Kriegerin, heimtückische Dämonen und dazu eine angedeutete Liebesgeschichte lassen mich in dieser Kombination eigentlich schnell das Weite suchen. Aber gut: Ab und an muss auch mal über den Tellerrand hinausgeschaut werden.

Und dann hat mich schon der Beginn des Buches überrascht. Der Roman fängt auf der Tribüne eines Fußballstadions an und fängt die dort herrschende Atmosphäre auf gut einer Seite so treffend ein, dass mir sofort klar war, der Autor versteht sein Handwerk und das Buch könnte wider Erwarten etwas für mich sein.

Aber nun zum Inhalt: Das schwarze Kollektiv ist mehr oder weniger die Fortsetzung von Michael Zandts Debütroman Hapu – Teufel im Leib. Man muss den Vorgänger nicht vorher gelesen haben, um das Buch zu verstehen. Aber ich habe ihn mir für die Zukunft auf jeden Fall vorgemerkt, nachdem ich Das schwarze Kollektiv gelesen habe. In Hapu – Teufel im Leib geht es um Hapu (Überraschung), die auch in der Rahmenhandlung des hier besprochenen Buches auftaucht und somit auf eine wahrscheinliche Fortsetzung und Zusammenführung der Handlung beider Bücher hoffen lässt.

Die Geschichte spielt in einer Welt, die der unseren nicht unähnlich ist. Ein großer Unterschied ist, dass der Mensch nicht das einzige (mehr oder weniger) vernunftbegabte Wesen ist. Es gibt zum einen die Asartu (Hapu ist anscheinend eine Vertreterin dieser Spezies, also wird wohl im ersten Roman mehr auf sie eingegangen werden). Und es gibt die Kinder der Roten Mutter Agrunbar, die wiederum zweigeteilt sind: in die Agrim, die bei den Menschen leben und von ihnen halbwegs geduldet werden, und die Hameshi, die in den riesigen Wäldern Burgenreichs leben und zu den Menschen keine besonders guten Kontakte pflegen.

Protagonist und Ich-Erzähler des Romans ist Ariko, ein im titelgebenden schwarzen Kollektiv dienender Soldat. Das schwarze Kollektiv ist ein christlich-katholischer militärischer Verband der Agrim, der zusammen mit den Menschen kämpft. Sein erster Auftrag, noch vor Ende seiner Ausbildung, ist es "die Horde" zu beobachten. Die Horde ist ein riesiger Schwarm ca. 2 Meter großer gepanzerter Insekten, der sich alle 734 Jahre bewegt und alles was sich ihm in den Weg stellt verschlingt und somit auf seiner Wanderung nur verwüstetes Gebiet hinterlässt. Auf dem Weg zu seinem Beobachtungsposten trifft er in der Hauptstadt Wilderlands, dem Gebiet der Menschen, zum ersten Mal auf ein junges Mädchen, eine Agrim-Rebellin namens Lamis'jala, die gegen die herrschenden Menschen revoltiert und später als Hameshi erkannt wird, und verliebt sich auf den ersten Blick in sie. Nachdem die Horde ihre Wanderung beendet hat und Ariko wieder zu seiner Einheit zurückgekehrt ist, spitzt sich die politische Lage so weit zu, dass die Menschen sowohl den Asartu als auch den Hameshi den Krieg erklären. Ariko wird an die Front in die Wälder des Burgenreichs zum Krieg gegen die Hameshi geschickt. Zu Beginn ist er noch mehr oder weniger eifrig dabei, stellt aber schon früh den Angriff auf die Hameshi in Frage und muss immer wieder an das Mädchen Lamis'jala denken. Zu Beginn des zweiten der drei Teile des Buches läuft Ariko dann zu den Hameshi über und trifft dann auch seine große Liebe wieder und der Rest der Geschichte nimmt seinen Lauf.


Das schwarze Kollektiv ist eine Geschichte vom Krieg. Durch den Frontenwechsel Arikos wird der Krieg von beiden Seiten beleuchtet. Dadurch wird deutlich, dass beide Seiten glauben, das Recht auf ihrer Seite zu haben. Sowohl die Menschen als auch die Hameshi halten sich für die besseren Wesen und ihre Religion für die einzig wahre. Aber durch die Taten der jeweiligen Soldaten erkennt man, dass das Individuum im Krieg gar nichts zählt. Es geht nur um Ideologien. Und die Soldaten sind das Kanonenfutter im Kampf um die Vorherrschaft.

Das schwarze Kollektiv ist eine Geschichte vom Fremdsein. Ariko, der Agrim, ist ein Fremder unter den Menschen. Er wird nur als gut ausgebildeter und somit nützlicher Soldat gesehen. Aber auch nach seinem Übertritt zu den Hameshi ist er immer noch ein Außenstehender. Die alteingesessenen Hameshi werden ihn nie als einen der ihren akzeptieren.

Das schwarze Kollektiv ist aber auch und vor allem eine Geschichte von der Liebe. Die Liebe, die Ariko für Lamis'jala empfindet, ist der eigentliche Auslöser seiner Fahnenflucht. Und als er sie dann wider Erwarten bei den Hameshi wiedertrifft, ist es seine Herkunft, die Lamis'jala, trotz der nun vorhandenen physischen Nähe, immer noch in weiter Ferne erscheinen lässt. Trotzdem zeigt sich, dass die Liebe stärker ist als alle wie auch immer gearteten gesellschaftlichen Konventionen.

Alles in allem ist Das schwarze Kollektiv eine stimmige und unterhaltsame Geschichte, die den Leser fesseln und auch als Parabel gelesen werden kann. Michael Zandt hat es geschafft mich mit einer Fantasy-Geschichte zu überzeugen. Das haben vor ihm nicht viele Autoren geschafft.

Einzig das Ende der Binnenhandlung hat mich nicht vom Hocker gerissen. Es wurde mir dann zu mythologisch-mysthisch. Anderen Lesern mag das gefallen, mir nicht. Aber das ist Geschmackssache. Aber dieser kleine Makel ändert nichts am positiven Gesamteindruck.

Fazit: Großartiger Fantasy-Roman, der eine Welt ähnlich der unseren entwirft und eine Kriegs- und Liebesgeschichte erzählt. Man kann durchaus Bezüge zur jetzigen Lebenssituation erkennen. Durch die sehr gute Figurenzeichnung, vor allem die des Protagonisten, der sehr ambivalent gezeigt wird, war ich jederzeit am Fortgang der faszinierenden Geschichte interessiert. Der Roman bietet sehr gute Unterhaltung und ich wünsche ihm viele Leser.



Michael Zandt: Das schwarze Kollektiv
Art Skript Phantastik, Juli 2012
264 Seiten
11,80 € (Taschenbuch)
ISBN: 978-3981509236

Leseprobe
"Das schwarze Kollektiv" beim Art Skrit Phantastik Verlag
"Das schwarze Kollektiv" bei Amazon

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen