Dienstag, 19. Januar 2016

True Romance


© UIP

Die Legende sagt, Quentin Tarantino gab Tony Scott zwei Drehbücher zur Auswahl, aus denen sich Scott eines aussuchen durfte, um es zu verfilmen. Es waren RESERVOIR DOGS und TRUE ROMANCE. Scott hätte gerne beide verfilmt, entschied sich aber für TRUE ROMANCE. So war beiden geholfen, Scott hatte ein gutes Buch und Tarantino das nötige Kleingeld um sein Regiedebüt RESERVOIR DOGS auf den Weg zu bringen. Noch erwähnenswert ist, dass TRUE ROMANCE eigentlich nur die Hälfte eines Drehbuchs war, die andere Hälfte verfilmte Oliver Stone als NATURAL BORN KILLERS.

Scott machte zunächst aus der ursprünglich nicht-linear erzählten Geschichte eine lineare und versah dem Werk natürlich seine eigene Handschrift. Obwohl ihm manch Kritiker diese abspricht: “...allzu geschmäcklerisch inszenierten Umsetzung durch Tony Scott, der wieder einmal beweist, dass er ein Regisseur ohne eigene Handschrift ist. Wie bei all seinen Filmen verstellt eine gelackte Werbefilm-Ästhetik allzu oft den Blick auf Handlung und Personen. War das bei seinen bisherigen, inhaltlich eher dürftigen Filmen wie TOP GUN, BEVERLY HILLS COP II oder TAGE DES DONNERS für die Gesamtwirkung weniger gravierend, so fällt hier doch eklatant auf, dass Scott den qualitativen Vorgaben Tarantinos nicht gewachsen ist.” (Rolf-Rüdiger Hamacher, Film-Dienst 2/1994). Aber gerade diese von Hamacher sogenannte “gelackte Werbefilm-Ästhetik” ist natürlich Scotts Handschrift, oder besser gesagt ein Teil seiner Handschrift. Und ob man das unbedingt negativ sehen muss, ist natürlich Geschmackssache. Scott macht aus Tarantinos Buch natürlich einen Tony-Scott-Film, und das funktioniert gerade dann sehr gut, wenn die Handlung Detroit verlässt und die beiden Protagonistin in Los Angeles ankommen. Den Bildern haftet unwidersprochen eine 80er-Jahre-typische Werbefilmästhetik an, aber das fällt überhaupt nicht negativ auf. Im Gegenteil, das passt hier wie die Faust auf’s Auge. Und das sieht F.M Helmke in seiner zuerst bei filmszene.de erschienenen Kritik genauso: "TRUE ROMANCE ist so etwas wie die perfekte Symbiose der Talente von Drehbuchschreiber und Regisseur. Während Charaktere, Dialoge und die streckenweise komplett abgedrehte Handlung mehr als deutlich darauf hinweisen, dass eine gewisse Sinnverwandschaft zu PULP FICTION besteht, versah Popcornkino-Ikone Tony Scott (TOP GUN, THE LAST BOY SCOUT) den Film mit mächtigem visuellen Tempo und sehr hübsch choreographierten Gewalteinlagen (den großen Shoot-out am Ende muss man gesehen haben, um es zu glauben)." http://www.filmzentrale.com/rezis/trueromance.htm

Die Besetzung tut ihr Übriges dazu, um aus TRUE ROMANCE einen mehr als bemerkenswerten Film zu machen. Christian Slater, der in der Serie MR. ROBOT endlich so etwas wie ein Comeback hinbekommen hat, und Patricia Arquette passen ihre Rollen wie angegossen. Und wenn man in den Nebenrollen Leute wie Brad Pitt, James Gandolfini, Christopher Walken und Dennis Hopper hat, ist man sowieso auf der sicheren Seite. Tarantino behauptete lange Zeit, dass die “Sizilianer-Szene” in TRUE ROMANCE die beste Szene sei, die er je geschrieben hätte (bis sie von der Eingangsszene in INGLORIOUS BASTERDS abgelöst wurde), doch was diese Szene darüber hinaus zu einer der legendärsten Filmszenen überhaupt macht, ist das Zusammenspiel von Hopper und Walken.TRUE ROMANCE darm man also - auch Dank des sehr guten Hans-Zimmer-Scores - zurecht in den Klassiker-Status erheben. Dieser Film ist sozusagen die Schnittstelle der 80er-Jahre-Actionfilm-Ästhetik mit der von Tarantinos Eklektizismus geprägten Hollywood-Ästhetik der 90er Jahre.

TRUE ROMANCE
TRUE ROMANCE
USA 1993
Regie: Tony Scott
Produktion: Samuel Hadida, Steve Parry, Bill Unger
Buch: Quentin tarantino
Kamera: Jeffrey L. Kimball
Musik: Hans Zimmer
Schnitt: Michael Tronick, Christian Adam Wagner
Darsteller: Christian Slater, Patricia Arquette, Val Kilmer, Gary Oldman, Brad Pitt, Dennis Hopper, Christopher Walken

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